Umgang mit Fieber

Fieber führt immer wieder zu Verunsichung.

 

Vier Fragen werden immer wieder gestellt:

1. Kann (hohes) Fieber eine gefährliche Krankheit anzeigen?

Dies kann sein, jedoch würde eine gefährliche Krank­heit durch unterdrücktes Fieber nicht ungefährlicher. Evtl. bedarf das Kind einer ärztlichen Untersuchung so­fort oder zum nächsten Routinetermin und einer ursäch­lichen Therapie.

 

2. Kann Fieber (unbegrenzt) immer weiter steigen, bis es gefährlich wird?

Fieber ist Temperaturregulation auf höherem Niveau und darf nicht mit einer Überhitzung verwechselt wer­den, bei der auf Grund äußerer Umstände die Körpertem­peratur trotz voller Gegenregulation zu hoch steigt (z.B. „Sonnenstich“).

Fie­ber entsteht als vom Körper aktiv herbeigeführte, gere­gelte und begrenzte Temperaturerhöhung meistens bei einer Infektion. Dabei kommt es zur Zentralisierung des Blutes im Köper durch Verminderung der Durchblutung von Händen und Füßen (erkennbar an kalten Händen und vor allem Füßen), zu vermehrter Stoffwechsel­leistung mit schnellerem Herzschlag und beschleunigter Atmung und Frieren bis zum Schüttelfrost.

Fieber kann bei sonst gesunden Kindern schnell und oft auf Werte zwischen 40°C und 41°C steigen, aber nur selten höher. Eine Temperatur über 42°C kann das intakte Temperaturregulationszentrum nicht mehr erzeugen.

 

3. Kann (hohes) Fieber dem Organismus schaden?

Nein, denn die Zelle schützt sich durch die so genannte Hitze­schockantwort. Diese ist evolutionär noch älter als die Fieberreaktion und kommt bei allen Lebewesen bis hin zu den Bakterien vor (Feder und Hofmann, 1999).

 

4. Schadet Fieber durch Fieberkrämpfe?

Fieberkrämpfe treten bei ca. 2-5% aller 0,5-5-jähri­gen Kinder auf. Man vermutet, dass betroffene Kinder eine komplex vererbte Anlage für Fieberkrämpfe haben. Im Gegensatz zu einer auch in Lehrbüchern oft geäußer­ten Vermutung verhindern Antipyretika einen Fieber­krampf aber nicht. Dies ist sogar dann nicht der Fall, wenn bei dem betreffenden Kind schon ein Fieberkrampf vorkam.

Man kann also sagen:

– erstens, dass Fieber nicht in ei­nen Bereich steigt, der durch sich selber gefährlich wird, wenn man mit der Temperaturregulation pflegerisch und sorgsam mitgeht,
– zweitens gerinnt bei Fieber kein Eiweiß,
– drittens können Fieberkrämpfe durch eine Antipyrese nicht verhindert werden.

Damit entbehren drei wesentli­che Argumente für eine schematische Fiebersenkung bei Kindern ab einer bestimmten Körpertemperatur ihrer Grundlage. Fieber muss also nicht routinemäßig ab einer bestimmten Gradzahl gesenkt werden mit dem alleinigen Ziel einer Temperatursenkung oder einer Fieberkrampf­prophylaxe.

Fieber kann aber gesenkt werden, wenn das Befinden des fiebernden Kindes dies erforderlich erscheinen lässt und man mit angemessener pflegerischer Zuwendung keine ausreichende Linderung erreicht.

Die Gabe eines Fiebermittels darf die sachgemäße Pflege ei­nes fiebernden Kindes nicht ersetzen, welche vorher schon viele der das Fieber begleitenden Unannehmlichkeiten für das Kind hätte erträglicher machen können (Vagedes und Soldner, 2008).

 

Kann Senken des Fiebers schaden?

In einer Studie zu dieser Frage verschlechterte eine symptomati­sche Fiebersenkung mit dem Ziel, die Temperatur unter 38,5-39,5°C zu halten, die Prognose so stark, dass sie nach einer ersten Zwischenanalyse aus ethischen Grün­den abgebrochen werden musste (Schulman et al., 2005). Bei Intensivpatienten wird ggf. erwogen, Temperaturen unter 40°C nur dann zu senken, wenn individuelle Gründe dies sinnvoll erscheinen lassen (Brüderlein et al., 2006; Theilen und Ragaller, 2007). In mehreren Tierversuchen zeigte sich ein positiver Einfluss auf den Krankheitsverlauf bei erhöhter Körpertemperatur bzw. negativer Einfluss bei fiebersenkenden Maßnahmen.

Für Paracetamol gibt es mittlerweile Hinweise, das durch die Gabe das Asthmarisiko steigt.

 

Zusammenfassung:

1. Fieber bis knapp über 41°C als natürliche Reaktion auf z.B. Infektionen ist grundsätzlich nicht gefährlich.

2. Grundsätzlich ist es wichtig, die Wärmeregulation ei­nes Kindes mit passender Kleidung zu unterstützen. D.h., das Kind sollte nur so warm angezogen werden, dass es nicht fröstelt und die Füße (evtl. auch die Hände) müssen durch geeignete Maßnahmen (dicke, evtl. vorgewärmte Socken, „aufsteigende Bäder“ u.a.) warm gehalten bzw. aufgewärmt werden. Maßgeblich ist dabei die Temperatur von Armen und Beinen, bzw. ob das Kind friert oder schwitzt, und nicht die Körper­kerntemperatur. Symptomatische Fiebersenkung kann das Befinden verbessern. Sie sollte sich daher regelmäßig am Befinden und nicht an der Fieberhöhe orientieren.

3. Es gibt ernstzunehmende Hinweise dafür, dass eine fiebersenkende Therapie ungünstig auf Krankheitsverläufe wirken kann.


 

Im Folgenden noch ein interessanter Artikel zum Thema:

Beratung zum Umgang mit Fieber und Abbau der Fieberangst

Zusammenfassung und Auszug aus: Dr. med Till Reckert, KINDER- UND JUGENDARZT 42./43. Jg. (2011/2012), Nr. 12/11 + 1/12

„Seien Sie sparsam mit Fiebersenkung und machen Sie Ihre Entscheidung vom Zustand des Kindes abhängig und nicht vom Zustand des Thermometers (also nicht von einer Gradzahl)“entspricht der derzeit propagierten Haltung moderner Leitlinien zum Umgang mit Fieber (National Institute for Health and Clinical Excellence, 2007) (Sulli­van et al., 2011).